Eigentlich war ich als Anleiter gebucht für diesen stürmischen Dienstagabend im Juni, Tag zwei für die Neuen, heute geht’s im Mannschaftsboot aufs Wasser. Aber da schon drei erfahrenere Trainer da sind, komme ich im Bug unserer „Windsbraut“ unter und darf mal Mäuschen spielen, gespannt darauf, wie sich so ein Anfängertraining anfühlt.
Die großen Fragen wurden schon letzte Woche geklärt. Wofür steht das Rot, wofür Grün, wie sieht die Ruderbewegung aus und wie komme ich unbeschadet in einen Trimmi und wieder heraus? Heute werden erstmals Mannschaftsboote aus der Halle geholt und die Fragen lauten: Wo fasst man Boote an, wie dreht man sie, wie werden die Skulls eingelegt und vor allem: Wie komme ich in einen Gig-Vierer, der kein Bodenbrett hat?
In einer Regenpause bringen wir zwei Vierer und einen Sechser zu Wasser und raus geht’s. Die „Windsbraut“ übernimmt heute Andreas. Das Ergebnis kann man sich als ein munteres Mikado aus roten und grünen Skulls vorstellen. Ich bewundere die Geduld von Andreas, der jetzt einzeln rudern lässt. Nach vorne rollen, Skulls senkrecht drehen, einsetzen, erst Beine, dann die Arme, Skulls ausheben, drehen und wieder nach vorne rollen. Die Skulls behandeln wie ein Baby, ganz sachte, bitte. Nochmal, wieder falsch, nochmal und so weiter. Langsam, sehr langsam werden die Bewegungen kontrollierter. Und ich staune: Denn jetzt rudern wir im Schneckentempo um die kleine Insel. Und plötzlich machen wir einen Zug, wie er sein sollte: Alle im gleichen Takt. Noch ein Zug. Dann verlässt den Schlagmann an seinem ersten Arbeitstag plötzlich die Koordination. Mit lautem Poltern schlagen die Skulls aufeinander. „Ruder halt“, ist die Stimme von Andreas zu hören. Noch mal Pause. „Konzentration, bitte!“. Regengeplätscher. Stille. „Und jetzt in die Auslage! Blätter ins Wasser und los.“ In diesem Augenblick setzt der Regen voll ein. Es regnet Hunde und Katzen, doch die Bewegung stimmt. Für vier fünf Züge. Dann schallt wieder ein „Schlag achten“, durchs Mikro. Die eins fragt sich ganz leise: „Welcher Schlag?“ Doch weiter geht’s, die tapfere Truppe hält durch und unbeschadet, aber klatschnass sind wir wieder am Steg.

Fröhliches Gequatsche vorm Bootshaus. Die Stimmung ist ganz gut. Alle sind froh, dass wir heil wieder am Steg angekommen sind. Und der Halbkreis, den ich da über dem Billebecken schillern sehe, ist kein Regenbogen, sondern die Lernkurve der dreizehn Neuen. Jetzt noch Boote putzen, reintragen und alles im Bootshaus verstauen. Geht schnell, wenn man mit so vielen auf dem Steg unterwegs ist und deutliche bis hin zu sehr deutlichen Ansagen gemacht werden. Ich bin beeindruckt von den drei Steuerleuten, die sich trauen, mit absoluten Rookies in Vierern und Sechsern aufs Wasser zu gehen. Ich habe das Rudern – damals in Neuss – noch im Ruderkasten gelernt. Bei der ersten Tour auf dem Rhein kannten wir alle Befehle auswendig und konnten sie auch recht koordiniert befolgen. Muss man vielleicht auch, wenn man auf dem Rhein unterwegs ist. Die Bille ist da gnädiger, Gottseidank. Einer aus der Gruppe verabschiedet sich von mir mit Handschlag und einem munteren: „Bis nächsten Dienstag.“ „Vielleicht“, sage ich. Denn irgendwie hätte ich schon Lust, mit den Neuen noch eine Runde über die Bille zu drehen.
Von Dominik Neubauer